Buchvorstellung: Lena Avanzini – “Tod in Innsbruck”
Es ist wie verhext. Da hat sich Kripochef Heisenberg fest vorgenommen, die letzten Tage bis zur wohlverdienten Pensionierung zu genießen. Stattdessen muss er sich von einer bizarren Mordserie die Laune verderben lassen. Ein Mörder treibt sich im Innsbrucker Musikermilieu herum und tätowiert seinen Opfern mysteriöse Schriftzeichen auf die Haut. Doch welche Botschaft steckt dahinter? Und wer wird das nächste Opfer sein?
Ein Anflug von Schwindel erfasste Heisenberg. »Das gibt‘s ja nicht. Wer entsorgt denn am helllichten Tag eine Leiche? Mitten in der Stadt!«
Mitterhofer stand so verloren da, als hätte er etwas angestellt.
»Ist noch was?«
»Es ist eine Frauenleiche.«
»Das ist nur gerecht. Die letzten beiden waren Männer.«(…) www.lena-avanzini.at
Henny Hidden: Liebe Lena, im April 2011 ist Dein Debütroman „Tod in Innsbruck“ erschienen. Wie zufrieden bist Du mit der Aufnahme des Buches durch die LeserInnen?
Lena Avanzini: Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht! Da die meisten LeserInnen ja im Stillen lesen, sich im Stillen freuen, gruseln, langweilen oder ärgern, weiß ich nicht, wie das Buch aufgenommen wurde. Über die bisherigen Rezensionen freue ich mich natürlich, sie sind aber schon wegen ihrer geringen Zahl nicht aussagekräftig genug, um daraus eine allgemeine Einschätzung abzuleiten.
Henny Hidden: Brauchtest Du viele Anläufe, um Dein Buch bei einem Verlag unterzubringen?
Lena Avanzini: Ich habe gar nicht erst versucht, das Manuskript an den Verlag zu bringen, sondern hatte das Glück, dass mir eine Agentur diese unangenehme Arbeit abgenommen hat.
Henny Hidden: Du hast Dein Buch „Tod in Innsbruck“ genannt. Warum hast Du schon im Titel den regionalen Bezug hervorgehoben? Ich hatte den Eindruck, dass er für den Plot keine herausragende Rolle spielt.
Lena Avanzini: Mein Arbeitstitel lautete „Nadelspiel“. Den Titel „Tod in Innsbruck“ hat der Verlag ausgesucht. Ich gebe zu, dass ich ihn zunächst gar nicht mochte, weil er mir zu plakativ und nichtssagend erschien. Inzwischen muss ich aber die verkaufsstrategischen Vorzüge des Titels anerkennen.
Henny Hidden: Viele Krimiautorinnen legen Wert auf eine genaue psychologische Charakterisierung ihrer Helden. Wie würdest du das Verhältnis zwischen psychologischen und aktionsreichen Elementen in deinem Krimi einschätzen? Würdest Du dein Buch als einen Krimi oder einen Thriller ansehen?
Lena Avanzini: Ich halte „Tod in Innsbruck“ für eine Mischform, also einen Krimi mit Thrillerelementen. Auf alle Fälle ist es kein reiner Krimi (da nicht unbedingt die Aufklärung der Verbrechen im Vordergrund steht und der ermittelnde Kripochef eine Nebenrolle spielt), aber auch kein reiner Thriller (dafür gibt es zu wenig Actionszenen, zu wenig spritzendes Blut und zu viele Reflexionen der Protagonistin).
Henny Hidden: Ich bin immer wieder überrascht, wenn ich in Lesermeinungen lese, dass ein Buch dann spannend sei, wenn der Täter bis zum Buchende nicht erraten werden konnte. Würdest Du es als ein Qualitätsmerkmal eines Krimis ansehen, wenn es AutorInnen gelingt, ihre Protagonisten so einzubinden, dass der Leser erst gegen Ende von seinem Verhalten überrascht wird? Ist es dann nicht ganz einfach, einen Krimi zu entwickeln? Dahinter steckt die Frage, ob für dich Essentials existieren, ohne die ein Krimi sich nicht trägt?
Lena Avanzini: Keine Frage, ich mag Krimis mit überraschendem Schluss. Aber für ein Qualitätskriterium halte ich den Überraschungseffekt nicht, vor allem sollte er nicht mit Gewalt oder auf Kosten der Glaubwürdigkeit eingebaut werden. Dagegen ist Spannung meines Erachtens ein unverzichtbares Element in einem guten (Kriminal)Roman. Wobei ich darunter nicht nur offensichtliche Spannungsmomente verstehe, wenn z.B. der Mörder mit gezücktem Messer auf die Protagonistin losgeht, sondern auch das Gänsehautgefühl, das etwa eine unheimliche Szenerie auslöst, oder das Aufeinandertreffen gegensätzlicher Charaktere mit Konfliktpotential und vieles andere mehr. Ansonsten lebt ein Krimi meiner Meinung nach von interessanten Personen. Aber gilt das nicht für jeden lesenswerten Roman? Was die Essentials betrifft, so glaube ich nicht, dass etwas Gutes herauskommt, wenn man einen Krimi nach einer Art Kriterienkatalog konstruiert. Nein, so leicht ist es nicht, das Krimischreiben! Das Genre ist bunt und vielseitig, alles ist erlaubt, es kommt auf die Umsetzung an.
Henny Hidden: Meine vorangegangene Frage zielte auch auf den allseits beliebten Serienmörder, der gerne als Täter fungieren muss, um das Grauen zu erhöhen, die Spannung wellenartig zu steigern und das größtmögliche Böse zu erschaffen. Auch Du gibst dem Leser schon im Klappentext die Botschaft mit, dass ihn ein Serienmörder erwartet. Warum stimmst du ihn so früh ein?
Lena Avanzini: Für den Klappentext – wie auch den Titel – war nicht ich zuständig, sondern der Verlag.
Henny Hidden: Was bereitet Dir den größten Spaß beim Krimischreiben und woraus erfährst Du die größte Zufriedenheit?
Lena Avanzini: Am Interessantesten finde ich das Kreieren von Personen und den Moment, in dem sie zum Leben erwachen und (allen Plotplänen zum Trotz) der Autorin die lange Nase zeigen und ihr eigenes Ding drehen. Außerdem mag ich die Textarbeit sehr, also das Feilen am fertigen Manuskript.
Henny Hidden: Zum Schluss möchte ich auf den Kripochef Heisenberg eingehen, den du ja ein bisschen tumb darstellst. Es wird ja in den Krimis mittlerweile jeder Ermittlertyp angeboten. Welche Gründe gab es für Dich, den Heisenberg so zu charakterisieren? Ich hatte den Eindruck, dass sein rigides Festhalten an dem falschen Mörder nicht nur auf seine Starrheit zurückzuführen ist, sondern dem Verzögern der Geschichte diente.
Lena Avanzini: Ich würde Heisenberg keinesfalls als tumb bezeichnen. Er ist zwar nicht der Schnellste, aber durchaus intelligent und ein erfahrener Ermittler. Leider stehen seinem Intellekt des Öfteren die eigenen Vorurteile im Weg. Und dann ist der Gute natürlich magenkrank und ausgesprochen amtsmüde, so kurz vor seiner Pensionierung, weshalb er sich derart verbissen auf die erstbeste verdächtige Person stürzt. Dass gewisse Wesenszüge überzeichnet sind, ist Absicht, und hat weniger mit Strategie (wie dem Verzögern der Geschichte) als mit meiner persönlichen Art von Humor zu tun.
Henny Hidden: Wie geht es weiter? Ist der zweite Krimi schon in Arbeit?
Lena Avanzini: Vorarbeiten zu einem zweiten Kriminalroman sind im Gange. Zwar wird es keine klassische Fortsetzung im Sinn einer Reihe geben, aber ein Wiederlesen mit der ein oder anderen Person aus „Tod in Innsbruck“ ist denkbar. Details darf ich leider nicht verraten.
Henny Hidden: Vielen Dank für das Interview.