Interview mit Susanne Rüster

Im Februar 2012 ist Susanne Rüsters Krimi “Der letzte Tanz: Kreuzberg explosiv!” in der edition karo, Verlag Josefine Rosalski, erschienen.
Ihr Krimi bietet nicht nur einen spannenden Einblick in das Kreuzberger Leben, sondern zeigt auch, wie problematisch die Zusammenarbeit zwischen einer Staatsanwältin und einem polizeilichen Ermittler verlaufen kann. Ein Grund, mich mit der Autorin, die derzeitig als Richterin tätig ist, über Fiktion und Wirklichkeit in Krimis zu unterhalten.

Henny Hidden: Als ich Dein Buch gelesen habe, kam mir mehrmals der Gedanke, dass Dein Krimi bestimmt viele Touristen ansprechen würde. Er spielt in Kreuzberg, ein Ort, der von Berlintouristen bevorzugt aufgesucht wird, mit Kreuzberger 1. Mai Krawallen weiß in der Regel ein Bürger aus Deutschland etwas anzufangen, auf gierige Immobilienspekulanten sind Menschen nie gut zu sprechen, und die kreative Kreuzberger Szene zieht viele magisch an. Außerdem beschreibst du sehr schön die Szenelokale im Kiez, die sich für jeden Berlinbesuch lohnen. Also, wer Berlin besuchen will und einen unverstellten wie spannenden Eindruck über das Leben in Kreuzberg und auch anderswo in Berlin bekommen will, der sollte unbedingt Dein Buch lesen.

Susanne Rüster: Danke.

Henny Hidden: Kurz zum Inhalt:
Eine Gasexplosion zerstört eine Fabrik, die bis zu dem Zeitpunkt von den Mitgliedern eines Tanztheaters besetzt gehalten wurde. Die Leiterin des Theaters findet infolge der Explosion den Tod. Geschah dies, weil jemand mit einem heißen Abriss die Räumung des Theaters beschleunigen wollte oder steckt dahinter eine Bürgerinitiative, die ihr Unbehagen gegenüber den Umbauplänen des neuen Immobilienbesitzers radikal zum Ausdruck brachte? Ein klassischer Whodunit Krimi. In deinem Roman kommt aber eine interessante Komponente hinzu. Wir haben es nicht nur mit einer polizeilichen Ermittlung zu tun, nicht nur mit der Staatsanwaltschaft, die die Oberhand besitzt, nein, uns begegnen der polizeiliche Ermittler Pfeil und die Staatsanwältin Kaiser, die beide ermitteln und deren Kooperation manchmal gewaltig hakt. Diese Konstellation, deren Reibungspunkte du sehr genau beschreibst, sind wohl das, was Deinen Krimi besonders auszeichnet.

Susanne Rüster: Ja, es geht um Kompetenzen. Der Tatort, die Arbeit vor Ort – das ist die Domäne des Kripomannes. Aber die Staatsanwältin Kaiser, 30 Jahre alt, frisch von der Uni und voll von theoretischem Zeug, schaltet sich in die Ermittlungen vor Ort ein. Zu sehr, für den Geschmack von Kommissar Pfeil. Der alte Haudegen liebt seine Unabhängigkeit über alles und will die erste Spur, den wichtigen Zeugen, das verräterische Beweismittel selbst finden.

Henny Hidden: Bleiben wir mal bei der Staatsanwältin Natalia Kaiser. Sie ist jung, ehrgeizig und neu in dem Ressort. Ihr Spannungsfeld reicht vom Oberstaatsanwalt Schreiber, mit dem sie ein kurzes Verhältnis hatte, bis zum Ermittler Pfeil des LKA, mit dem sie zusammen den Mordfall bearbeitet und den sie als Konkurrenten empfindet. Einerseits provoziert sie die Abgrenzung durch ihr ausgeprägtes Selbstbewusstsein. Da werden schon mal Gedanken gehegt, wie „Als Staatsanwältin dürfte sie fast alles“, ebenso wie ihre herabstufende Bezeichnung des Ermittlers Pfeil als einen Hilfsbeamten. Welches Bild wolltest du von dieser Frau mit dieser Position vermitteln? Inwieweit wolltest Du dem Leser ein getreues Abbild der Realität liefern?

Susanne Rüster: Das ist schon realitätsnah. Und außerhalb der meisten Fernsehkrimis. Die Strafprozessordnung, die für alle Strafverfolger gilt (also Kripo wie Staatsanwaltschaft), stammt aus dem Jahr 1879 (sie ist später öfter geändert, veränderten Moralvorstellungen oder gewachsenen technischen Möglichkeiten angepasst worden). Bis 2004 bezeichnete das Gesetz tatsächlich die Kriminalpolizisten als „Hilfsbeamte“, die den „Anordnungen der Staatsanwaltschaft Folge zu leisten haben“. Mittlerweile ist der „Hilfsbeamte“ durch die „Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft“ ersetzt worden. Das ändert aber nichts daran, dass die Staatsanwaltschaft die wesentlichen Entscheidungen trifft, also, ob sie beim Gericht einen Durchsuchungsbeschluss oder einen Haftbefehl gegen jemand beantragt und ob sie gegen jemand Anklage erhebt, d. h. vors Strafgericht bringt, oder das Verfahren einstellt („niederschlägt“). Daher wird die Staatsanwaltschaft als „Herrin des Ermittlungsverfahrens“ bezeichnet.
Die Realität sieht aber so aus, dass der Staatsanwalt die Ermittlungen nur selten allein führt. Er braucht die Kripo, denn er ist Jurist und nicht in Kriminalistik ausgebildet. Er hat keine Dienstwaffe und verfügt nicht über die Ausstattung der Polizei (Mannschaften, Fahrzeuge, Waffen, Spurensicherung, Kriminaltechnik etc.). Die meisten Verbrechen würden ohne die Polizei nicht aufgeklärt. Daher schaltet sich der Staatsanwalt nur selten von Anfang an in die polizeilichen Ermittlungen ein, etwa bei Kapitalverbrechen, bei Wirtschaftsverbrechen mit großen Schäden, bei organisierter Kriminalität (Mafia) oder bei Straftaten, die die Öffentlichkeit stark berühren (z. B. die Verfahren gegen die Mitglieder des Polit-Büros der DDR) oder sehr interessieren (z. B. Kachelmann-Prozess).
Zurück zum Roman: Da die Staatsanwältin Kaiser schnell erkennt, dass Kommissar Pfeil ihr kriminalistisch haushoch überlegen ist, überspielt sie ihre Unsicherheit manchmal mit forschem Auftreten. Aber die beiden finden auch heimlichen Gefallen aneinander, verdrängen das aber mit Abgrenzung, und kommen sich erst im Augenblick der Niederlage näher.

Henny Hidden: Du arbeitest als Richterin in einem gesellschaftlichen Bereich, in der Du Dich täglich streng an Gesetzesvorgaben halten musst. Ist das Krimischreiben für Dich auch so eine Art Ausgleich, um Grenzen überschreiten zu können, die Dir sonst nicht erlaubt sind?

Susanne Rüster: Wenn ich eine Figur etwas tun lasse, was sie nach dem Gesetz nicht darf, ist das für mich spannend. Mich interessieren Fragen wie Selbstjustiz, Sterbehilfe etc., also Taten, die die Grenze des Erlaubten überschreiten, aber durch einen starken Leidensdruck motiviert sind. Das Schreiben benutze ich aber nicht, um Dampf abzulassen, nach dem Motto: Endlich kann ich meinen Chef, Kollegen, Konkurrenten, Geschäftsfeind, Ehemann, Liebhaber, Nebenbuhlerin umbringen.

Henny Hidden: Ich denke jetzt auch mal an die Verurteilung von Personen, deren Verhalten man unter moralischen Gesichtspunkten betrachtet vielleicht versteht und auch billigen kann und die einen emotional nicht loslassen. Bilden diese Konfliktkonstellationen, die Du in deinem Arbeitsalltag erlebst, einen Ansatzpunkt für Dich, wenn Du Krimis schreibst?

Susanne Rüster: Ich bin nicht mehr im Strafrecht tätig, daher geht es in meinem Arbeitsalltag nicht um Verurteilung von Personen. Ein Ansatzpunkt für einen Krimiplot sind die von dir angesprochenen Konflikte auf jeden Fall. Der Richter ist aber ans Gesetz gebunden. Gesetze sind ja dazu da, das menschliche Miteinander verbindlich zu regeln, was auch bedeutet, für Verhaltensweisen, die die Mehrheit der Menschen als verletzend, unerlaubt, anstößig, sittenwidrig etc. empfindet, Sanktionen zu schaffen. Mich als Autorin interessieren aber mehr die Fälle, denen das Gesetz, und damit auch das Gericht, nicht gerecht wird, etwa bei einem Straftäter, der Selbstjustiz übt, weil er nicht mehr an den Staat als Strafverfolgungsinstanz glaubt. Oder Delikte, mit denen sich jemand aus einer unerträglichen Zwangslage befreit, etwa die misshandelte Frau, die endlich zurück schlägt. Oder eine Verurteilung nach Indizien, wenn der Verurteilte bis zuletzt seine Unschuld beteuert (z. B. Fall Vera Brühne).

Henny Hidden: Mich würde überhaupt interessieren, warum Du dich gerade dem Genre Krimi zugewandt hast? Worin siehst Du Deine hauptsächliche Motivation?

Susanne Rüster: Als gelernte Staatsanwältin hatte ich mit Verbrechen zu tun. Es hat für viele Menschen eine dunkle Faszination. Ich war in der Wirtschaftskriminalität tätig, daher interessieren mich die „großen“ Verbrecher, etwa erfolgreiche Unternehmer oder bekannte Politiker, und die Frage, wie Öffentlichkeit und Strafverfolger mit ihnen umgehen, und wie die sich verteidigen. Ebenso interessant sind ihre Gegenspieler, die durch Machenschaften der „Großen“ geschädigt wurden, und die versuchen, ihr Recht durchzusetzen.
Am Genre Krimi reizt mich, dass ich bestimmte Themenbereiche einbringen kann, die mich bewegen, z. B. in Berlin die fortschreitende Gentrifizierung, die sich zwar positiv auf das äußere Stadtbild auswirkt, mit der aber auch eine Verdrängung von alteingesessenen, einkommensschwächeren Menschen einhergeht, was man in Berlin in bestimmten Gegenden, z.B. in Friedrichshain-Kreuzberg, aber auch in Neukölln, erleben kann.

Henny Hidden: Kommen wir mal zu der Beziehung Natalias zum Oberstaatsanwalt. Kraft seines Amtes entzieht der Oberstaatsanwalt der Staatsanwältin den Fall, weil diese sich zu vorschnell auf einen Täter konzentrierte. Natalia vermutet hinter der Entziehung des Falls die Rache des Oberstaatsanwaltes, der es nicht vertragen kann, dass sie abrupt die Liebesbeziehung beendete. Wie subjektiv empfindest Du denn solche arbeitsrechtliche Entscheidungen? Ist es Dir wichtig, im Krimi auf den subjektiven Aspekt von gerichtlichen oder auch die im Arbeitsprozess getätigten Entscheidungen hinzuweisen?

Susanne Rüster: Auf jeden Fall. Entscheidungen werden von Menschen getroffen, und in jedem Berufsalltag spielen Geltungsbedürfnis, Rivalität, Ehrgeiz, Kumpanei, oder wie im Fall des Oberstaatsanwalts, Rache und Ausspielen von Macht eine Rolle. Allerdings ist der Oberstaatsanwalt Profi genug, um sein Handeln nach außen mit objektiven Kriterien zu begründen. Er kann ja schlecht sagen, dass er ihr den Fall entzieht, weil er sich als verlassener Mann rächen will, auch wenn dies als Motiv mitspielt. Nein, er handelt erst, als Staatsanwältin Kaiser einen Fehler begangen hat. Aber das Interessante beim fiktiven Schreiben ist ja, Gedanken und Gefühle sichtbar zu machen, die man in der Realität des Berufsalltags so nicht sieht. Der Oberstaatsanwalt handelt nach außen im Rahmen seiner Kompetenz.
Subjektive Aspekte von gerichtlichen Entscheidungen – schwierige Frage. Richter sind auch Menschen. Aber es darf keine „Gefühlsrechtsprechung“ geben, denn die kann zu neuen Ungerechtigkeiten führen. Das Gesetz versucht Objektivität zu erreichen, etwa indem Verfolgung und Anklage eines Straftäters in der Hand des Staatsanwalts liegen, seine Anklage aber vom Strafgericht überprüft wird. Steht der Angeklagte vor Gericht, entscheiden, jedenfalls in gravierenden Fällen, mehrere Richter, darunter zwei Schöffen – für den „natürlichen Menschenverstand“. Vom Strafjuristen (natürlich gilt dies auch für andere Rechtsbereiche, aber wir sprechen ja vom Krimi) erwartet man, dass er sich nicht von jeder inneren Aufwallung beeinflussen lässt. Dies gilt ganz besonders für den Richter, der die Argumente von Staatsanwaltschaft und Verteidigung abwägen muss. Dies gilt aber auch für den Staatsanwalt, der im deutschen Strafprozess objektiv ist, also im Zweifel für den Angeklagten. Das ist hier anders geregelt als im anglo-amerikanischen Raum, in dem der Staatsanwalt auch Partei ist. Der Strafverteidiger darf parteiischer sein. Was er aber nicht darf, ist, die Unwahrheit sagen, um seinen Mandanten zu entlasten, er darf auch nicht die Ermittlungen beeinträchtigen, indem er belastende Beweise wegschafft oder Zeugen zur Falschaussage verleitet.

Henny Hidden: Ferdinand von Schirach sagte mal, wenn ich ihn richtig verstanden habe, dass die Wahrheit für das Gericht sowie die strafrechtliche Verurteilung zweitrangig sind. Bei einer Verurteilung gilt nicht, inwieweit eine moralische Schuld besteht, sondern wie justitiabel ein Verbrechen ist. Der Leser will aber in erster Linie erleben, dass ein Verbrechen von der Gesellschaft zur Anklage gebracht wird, sozusagen gesühnt wird. Ist es Dir wichtig, diesen Widerspruch in einem Justizkrimi herauszuarbeiten?

Susanne Rüster: Ja. Das betrifft das Spannungsfeld zwischen gesetzmäßig fixierter Schuld und moralisch empfundener Schuld. Im Idealfall stimmt beides überein. So empfinden die Menschen zum Beispiel einen Mord aus Habgier als zutiefst verwerflich und ebenso beurteilt es das Strafgesetz. Dieser Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. Manchmal aber stimmen menschliches Empfinden und Justizförmigkeit nicht überein. So wird zum Beispiel ein Mensch, der gesundheitliches Leiden eines Nahestehenden mit erleben muss, aber nicht helfen kann, wegen Totschlags verurteilt, wenn er den Leidenden tötet (etwa den Nahrungsschlauch kappt). Geschieht dies mit Einwilligung des Leidenden, ist es Tötung auf Verlangen, ein nicht so schwer bestraftes Delikt. Der Richter muss in solchen Fällen verurteilen, auch wenn er Verständnis für das Handeln hat, berücksichtigt moralische Beweggründe aber bei der Höhe der Strafe. Die Tötung auf Verlangen und aus Mitgefühl ist gerade Gegenstand des französischen Films „Liebe“.
Wenn du sagst, der Leser möchte, dass ein Verbrechen von der Gesellschaft zur Anklage gebracht wird – meinst du Selbstjustiz? Ein großes Thema, natürlich auch in der Literatur. Oder sollte ein Gericht nur urteilen, wenn es sich einig ist mit dem Gefühl der Gesellschaft? Das kann sehr auseinanderdriften, die Gesellschaft als solche gibt es ja nicht. Verbrechen wird nach vorgegebenen Regeln und von dafür ausgebildeten Personen gesühnt – das ist für den Einzelnen nicht immer zufriedenstellend und es kann dazu führen, dass er den Richterspruch nicht akzeptiert. Ich glaube trotzdem nicht, dass auf allgemein gültige Regeln verzichtet werden kann. Wenn jeder seine eigenen Vorstellungen von Gerechtigkeit durchsetzen würde, käme es auch zu Verletzungen.
Verbrechen von der Gesellschaft zur Anklage bringen – vielleicht durch den privaten Ermittler? Wenn der glaubwürdig dargestellt wird, könnten sich viele Menschen mit ihm identifizieren. Dies ist eine originelle, aber unrealistische Art, Verbrechen zu verfolgen. Ein derartiger Ermittler kann nur Zuarbeiter der Kripo sein, die über ganz andere technische Mittel zur Verbrechensaufklärung und auch zum eigenen Schutz verfügt. Denkbar wäre auch eine Privatperson, die von einem Verbrechen besonders betroffen ist, und die von sich aus Ermittlungen anstellt, die zum Täter führen. Will man aber realitätsnah schreiben, was nicht zwingend ist, funktionieren solche privaten Ermittler nur begrenzt. Für bestimmte Maßnahmen, etwa Durchsuchung, Festnahme, benötigt eine Privatperson einfach die Polizei, sonst bringt sie sich selbst in Gefahr oder macht sich selbst strafbar. Denkbar und interessant wäre ein Mensch, der in Nothilfe handelt, der also jemand verletzt, der z. B. gerade eine andere Person vergewaltigen, ausrauben oder zusammenschlagen will.

Henny Hidden: Du legst ja in Deinen Krimi den Schwerpunkt auf das Zusammenspiel zwischen Staatsanwaltschaft und polizeiliche Ermittlung. Nun hast Du mir verraten, dass Du gerne einen Justizthriller schreiben möchtest. Worin siehst Du die Faszination dieser Gerichtskrimis, wie sie uns vornehmlich aus dem amerikanischen Raum bekannt sind, sei es jetzt Print oder Film? Im Kampf um eine Gerechtigkeit, der im Gerichtsaal ausgefochten wird, in der Auseinandersetzung zwischen Anklage und Verteidigung, mit scharfen Rededuellen, die gerade dadurch einen Thrill durch immer neue Wendungen erzeugen können, in der psychologischen Ausbreitung von gescheiterten Figuren, in der politischen und organisatorischen Verquickung von gesellschaftlichen Systemen oder letzten Endes im Aufzeigen origineller Methoden detektivischer Arbeit, wodurch an einem Ort der letzten Instanz ein staatlich übermächtiges System in die Knie gezwungen werden kann?

Susanne Rüster: Einen Justizthriller möchte ich schreiben, weil ich bei Lesungen oft ein starkes Interesse gespürt habe, wie es denn bei Gericht zugeht. Natürlich wird in einem Justizthriller der Kampf auch im Gerichtssaal ausgefochten. In meinem Plot geht es um den Kampf eines bekannten Unternehmers, der als Mörder vor Gericht steht, und seine Schuld bestreitet. Anklage und Verteidigung werden sich gleichberechtigt gegenüberstehen und beide haben ein starkes Motiv, zu gewinnen. Auf der einen Seite steht eine Oberstaatsanwältin von 60 Jahren, die sozusagen das letzte Mal in den Ring steigt und an ihre physischen und psychischen Grenzen gelangt. Auf der anderen Seite geht es um einen Gewissenskonflikt der Anwältin, deren große Liebe der jetzige Angeklagte war, und der sie zehn Jahre nach der Trennung aufsucht, weil er sie jetzt braucht. Sowohl Staatsanwältin wie Anwältin werden mit widersprüchlichen Erkenntnissen konfrontiert, die sie an ihrer Rolle zweifeln lassen, und sie werden auf die Probe gestellt. Natürlich wird es auch Rededuelle und Gerichtsrituale geben. Vor allem aber geht es mir um Einflüsse von außen. So werden Zeugen unter Druck gesetzt, die Presse springt auf und belagert die mit dem Prozess befassten Personen. Der Angeklagte geht nicht immer ehrlich mit seiner Anwältin um, sondern greift auf eigene hochrangige Kontakte zurück, was wiederum Druck nach „unten“ ausübt. Das Ende wird die Frage nach der Täterschaft des Angeklagten beantworten. Für mich gehört es einfach zu dem Bedürfnis nach Sühne und Gerechtigkeit, dass der Täter seine Strafe erhält. Ob die Strafe dann eine justizförmige Verurteilung ist, ob der Täter sich umbringt oder durch höhere Gewalt oder eine Lynchjustiz zur Strecke gebracht wird, ist eine Frage der Plotgestaltung.

Vielen Dank für das Interview.